Sonntag, 3. März 2013

Älteste Schrift der Welt: Expertenstreit um Piktogramme

The Tattoos of the Tyrolean Iceman "Ötzi" - symbols of a neolithic pre - writing - system based on a more than 30.000 years older "Stone Age Code" - In 2009, a ground-breaking study by Genevieve von Petzinger revealed that dots, lines and other geometric signs found in prehistoric European caves may be the precursor to an ancient system of written communication dating back nearly 30.000 years. Von Petzinger, with University of Victoria anthropology professor April Nowell, compiled the markings from 146 different sites in Ice Age France, making it possible to compare the signs on a larger scale than had ever previously been attempted. And even more: "Stone Age Code" is dominating even "Danube Script", the first neolithic pre - writing - system in Europe.

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VORLÄUFIGES FAZIT / KURZFASSUNG - (1) Die ältesten Experimente mit Schrifttechnologie in der menschlichen Evolutionsgeschichte begegnen uns bereits vor etwa 38.000 Jahren. Viele AnthropologInnen der erstem Garnitur, darunter auch April Nowell, vermuten, dass diese Zeichen bereits vor der Out-of-Africa-IV-Migration präsent waren, d.h. bereits vor etwa 70.000 Jahren. In diesem Zeitfenster begegnet uns bekanntlich fast 30.000 Jahre vor der "Schwäbischen Alb" ("Geissenklösterle - Komplex", Kulturpumpehypothese, Donau - Korridor - Hypothese) der "Kulturschub" der späteren Auswanderer ("Muschelketten" aus der "Blombos - Höhle" usw.). Selbstverständlich dürfen wir diese Zeichen und Symbole noch nicht als "Schrift" im heutigen Sinne deuten. Im Zuge der "Kunst- und Kulturrevolution" des Aurignacien entstehen sog. "abstrake Zeichen und Symbole", die in deutschsprachigen Texten mit dem Begriff der "Symbolischen Revolution" verbunden werden. (2) Dieser Korpus von Zeichen scheint nicht nur in den Höhlenmalereien präsent gewesen zu sein, sondern in viel höherem Ausmaß vermutlich am "Trägermedium Mensch". Dieser spekulative Ansatz ("Bodypaintinghypothese") könnte ggf. mithelfen, die massiven Konvergenzen zur Donauschrift mitzuerklären. (3) Die weltweite "Verbreitung" des Paläolithischen Basiszeichensatzes (PBZ) ist nämlich eines der grössten Rätsel der Ur- und Frühgeschichte. Diese "Ausbreitung" ist rein rückblickend - dokumentarisch und nicht verbunden mit Migrationsbewegungen diverser Menschenarten, Ethnien oder Populationen. In der Teilchenphysik und in der Kosmologie steht die Wissenschaft vor einem ähnlichen Rätsel: da "Dunkle Materie" und "Dunkle Energie" nicht erklärt werden können, sind 95 Prozent des Kosmos unbekannt. Vor einem ähnlichen Problem steht heute in diesem Sektor die Ur- und Frühgeschichte, da wir 95 Prozent des Mechanismus bzw. der Prozesse der geografischen Ausbreitung der Symbolischen Evolution nicht erklären können.

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Zur Diskussion rund um die "älteste Schrift der Welt":

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Grafik: "Das Rätsel der Donauzivilisation" - das Zeichensystem der "Donauschrift" war vermutlich die erste "richtige Schrift" der Menschheit.

Vermeintliche "KognitionsforscherInnen" holen mittlerweile sogar das Paläolithikum hervor - why not?

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Wurde die Schrift wirklich schon vor über 35.000 Jahren erfunden? Oder wurde die Schrift, wie es heute noch in den Lehrbüchern steht, erst vor etwa 5000 Jahren von den Ägyptern und den Sumerern erfunden? Eine durchgeknallte Gruppe von "Steinzeitforschern" ist felsenfest davon überzeugt, dass unsere Vorfahren schon vor über 40.000 Jahren eine Art "Alfabet" benutzten. In diesem Forschungsbereich geht es um extrem viel Geld: es geht nicht nur um "Förderungsgelder" der EU, sondern auch um die Verkaufsziffern bei Amazondotcom.



Grafik: gleich links oben das "Claviform - Symbol", das bis dato vermutlich älteste "Schriftzeichen" des späten Paläolithikums. Als einziges "Piktogramm" der bisherigen Felsbildarchäologie wurde es in der aufsehenerregenden Arbeit des Forscherteams um A.W.G. Pike neu "mitdatiert": (Zitat Anfang) - with minimum ages of 40.8 thousand years for a red disk, 37.3 thousand years for a hand stencil, and 35.6 thousand years for a claviform-like symbol - (Zitat Ende).

Quelle: Science 15 June 2012:
Vol. 336 no. 6087 pp. 1409-1413

Link:

http://www.sciencemag.org/content/336/6087/1409


Von der "Höhlenmalerei" zur ersten Schrift der Menschheit - Jahrelang waren die Menschen, egal, ob Experten oder interessierte "Normalbürger", von der Schönheit der steinzeitlichen bzw. eiszeitlichen Höhlenmalereien unserer Vorfahren schwer beeindruckt (Altamira, Grotte Chauvet, Lascaux, jungpaläolithische Höhlenkunst, Cave Art, frankokantabrische Höhlenkunst). Gleichzeitig beschäftigen sich seit etwa dreissig, vierzig Jahren immer mehr Forscher mit den geheimnisvollen abstrakten Zeichen in diesen Höhlen.



Diese "abstrakten Zeichen" - Punkte, Linien, Spirale, Claviform usw. - wurden tatsächlich jahrzehntelang nicht beachtet.



Ich selbst hatte das Glück, wiewohl Anthropologe, schon während meiner Studentenzeit, und die ist lange her, mit den Arbeiten der Felsbildarchäologie - Legende André Leroi - Gourhan in Berührung zu kommen.

Schon in den späten Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts hat André Leroi - Gourhan umfangreiche semiotische Arbeiten vorgelegt. Kurz vor seinem Tod soll er gesagt haben: "Ich glaube, in Lascaux waren sie kurz davor, ein Alphabet zu entwickeln." Es ist bis heute nicht überprüfbar, ob er das wirklich so gesagt hat, Forbes und Crowder haben weitergearbeitet.

http://www.jstor.org/discover/10.2307/124327?uid=3737528&uid=2&uid=4&sid=21101726121723

Dann kam sozusagen jahrelang Sand ins Getriebe, das Forschungsgebiet dümpelte gleichsam ereignislos vor sich hin. Bis etwa Ende 2009 - da landeten April Nowell und Genevieve von Petzinger den vieldiskutierten "Steinzeit - Blockbuster", eine wissenschaftliche Sensation, die einen Paläoanthropologenkongress in Chicago (fast) in ähnliche Aufregung versetzte wie die Entdeckung des Higgsbosons die Physiker in Genf (CERN). Mit dem Zeichensatz der ersten Piktogramme der Menschheit - und damit, sorry, leider auch der ersten Schrift unserer Vorfahren - beschäftigen wir uns ausführlicher demnächst in diesem Theater.

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Wäre der Kongress mit der Spitze der Felsbildarchäologie besetzt gewesen, hätte sich das Jubelgeschrei eher gedämpft ausgenommen. Obwohl April Nowell in der Urgeschichtsforschung eine markante Größe ist - ich erinnere z.B. an ihre Zusammenarbeit mit Francesco D'Errico bei der Untersuchung umstrittener "Proto - Venusfigurinen", Stichwort Protoplastik von Berekhat Ram - und die Arbeit von Petzinger / Nowell hier sicher nicht abqualifiziert werden soll: Das kannten wir schon, auch wenn ein paar neue Symbole und ein paar neue Zusammenhänge mitgeliefert werden.




Bildquelle mit freundlicher Genehmigung / Courtesy http://www.ancientcraft.co.uk/reenactment/prehistoric_art.html - mit weiteren Infos daselbst.

Ich selbst hatte meine Datenbank mit den abstrakten Symbolen, längst natürlich auch die Arbeiten von Forbes und Crowder kennend, bereits Ende 2004 fertiggestellt. Gross war die Überraschung, als mir fast fünf Jahre später der New Scientist auf den Schreibtisch flatterte: Substantiell war da kaum mehr drin.

Kritsch dazu daher auch Tilman Lenssen - Erz:




http://www.ksta.de/kultur/interview-mit-tilmann-lenssen-erz--es-gibt-keine-urschrift-,15189520,12724238.html

Nur der Titel ist falsch, Herr Lenssen - Erz: Es gab eine Urschrift. Wir werden uns hier ausführlich damit beschäftigen.

Zum Schluss übernahm sogar noch die traditionsreiche "Wiener Presse" in ihrer Verzweiflung das vorgekaute Material.

(Zitat Tageszeitung "Die Presse", Anfang)

Die Höhlenmalereien bestehen nicht nur aus Darstellungen, sondern vielleicht auch aus Zeichen.

(Zitat Tageszeitung "Die Presse", Ende)

Na sowas. Zeichen auch noch? Piette ist offenbar umsonst gestorben, "Die Presse" wundert sich, dass es "auch Zeichen" gab. Typisches Kommunikationsproblem der Ur- und Frühgeschichte, viel Arbeit noch für "Living History" und Steffi Samida. Quelle:

http://diepresse.com/home/science/541103/Archaeologie_Die-Schrift-an-der-Wand

Fachliche Kritik, lesenswert:

http://www.portal.uni-koeln.de/nachricht+M5d773ad5fb5.html?&W=320

Dazu ausführlich mehr:

http://oppermann.twoday.net/stories/artificial-memory-systems-die-schrift-der-steinzeit/

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Zur "Indogermanistik" - Jenseits der festgestellten Ähnlichkeiten in den sog. indoeuropäischen Sprachen, ist die "indoeuropäische Ursprache" ein sprachwissenschaftliches Konstrukt. Ob es also jemals "die Indoeuropäer" bzw. ein indoeuropäisches Urvolk gegeben hat, das von einer "Urheimat" ausgehend, den Kontinent bevölkerte, ist keinesfalls unumstritten. Insofern ist bereits der Buchtitel unseriös. Anders als vom Autor dargestellt, gibt es neben den verschiedenen Migrationshypothesen nämlich auch autochthone Erklärungsmodelle, die die Sprachverwandtschaften ohne wandernde Urvölker erklären. Aber die hat Haarmann glatt unterschlagen.

Archäologische Kulturen sind ebenfalls Konstrukte, die durch ihre materiellen Hinterlassenschaften definiert sind. Die Verbreitungen spezifischer Fundobjekte markieren z. B. Wirtschafts- und Verkehrsräume, Technikbereiche, bisweilen sogar "Heiratskreise" oder sind Ausdruck bestimmter Sitten und Praktiken. Entsprechend groß ist Bandbreite der Interpretationsmöglichkeiten. Eine "ethnische Interpretation" archäologischer Kulturen ist also nur eine Möglichkeit unter vielen. Ob die Träger einer archäologischen Kultur also die gleiche Sprache sprachen, steht auf einem anderen Blatt. Beispiele dafür, dass sich materielle Kultur und Sprache nicht zur Deckung bringen lassen, liefern sowohl die Völkerkunde als auch die Frühgeschichte zu Genüge. Es ist daher auch nicht gerechtfertigt, archäologische Kulturen vergangener Jahrtausende mit ethnischen Gruppen oder Sprachen zu verknüpfen. Aber auch hierüber liest man bei Haarmann nichts.

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